Samstag, 9. November 2013

Gedenken

 „Am Samstag, 9. November 2013, zwischen 15 und 18 Uhr, sind alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, an den 75. Jahrestag der Reichspogromnacht zu erinnern. Eröffnet wird der Gedenkweg von dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, Erzbischof Rainer-Maria Kardinal Woelki und Bischof Dr. Markus Dröge. Der Schweigemarsch beginnt an der St. Marienkirche, führt am Lustgarten vorbei, über den Bebelplatz zum Gelände der zerstörten Synagoge Johannisstraße an der Oranienburger Straße. Dort werden die Teilnehmenden von Rabbinerin Gesa Ederberg und Rapider Prof. Dr. Nachama begrüßt.“ (Zitat aus der Presseerklärung)

Vor 75 Jahren – am 9. November 1938 - brannten in Deutschland sehr viele Synagogen. Auch in Berlin. Nur wenige Berliner protestieren damals. Sie bleiben zu hause. Auch gibt es von dieser Nacht und dem darauf folgenden Tag nicht einmal  ein Dutzend authentischer Fotos. Historiker haben wiederholt aufgerufen, man möge doch in den Kisten und Kästen der Eltern oder Großeltern nachschauen und diese Dokumente zur Verfügung stellen. Warum hat mein Vater, leidenschaftlicher Hobbyfotograf, dieses spektakuläre Ereignis in seiner Nachbarschaft nicht fotografiert? Oder, hat er geknipst,  nur dann später die Bilder aussortiert und vernichtet? Das Gerücht, es hätte seinerzeit ein Fotografierverbot gegeben, wird heute noch geglaubt. Welcher leidenschaftliche Fotograf lässt sich davon abhalten? Allerdings hätte er diese Fotos auch selber entwickeln und Abzüge machen müssen. Seinen Film ins Fotolabor zu geben, wäre wahrscheinlich ein Risiko gewesen. Eine Anweisung "fotografieren verboten" gab es wahrscheinlich nicht, aber vorauseilender Gehorsam, Sympathie mit dem Terror gegen Juden, Spitzeldienste und Überwachung verbreiteten Angst. Fotos von brennenden Synagogen konnten als gefährliche Dokumente gedeutet werden. Vielleicht gibt es deshalb kaum Fotos von dieser perfiden Schändung.

Diese von der Partei verordnete „spontane“ Aktion gegen die jüdischen Gotteshäuser wurde später als „Kristallnacht“ verklärt. Ein Schönungswort, das erst 1978 durch  die Bezeichnung Reichspogromnacht ersetzt wurde. Die gewaltsamen Aktionen der Parteigänger von 1933 bis 1945 gegen Juden wurden als Pogrom, als Verwüstung und Zerstörung,  nun auch so benannt.




 
Flächendeckend sehen wir in der Stadt ein Plakatmotiv, welches sich vor allem an die Töchter und Söhne, mehr noch die Enkel und Urenkel der Bewohner von damals richtet, die ungeniert dem Treiben der Nazis zugeschaut hatten. Ein Appell der Kirchen, in diesen Tagen ein Zeichen zu setzen,  gegen einen neuen Antisemitismus in dieser Stadt und die Fehler von damals nicht zu wiederholen als nämlich so gut wie niemand seine Stimme dagegen erhob. Und vielleicht findet die Generation der Erben heute die fehlenden Fotos von den brennenden Synagogen und zerschlagenen Schaufenstern beim Aufräumen der auf Hausböden oder in Kellern gestapelten Kisten und Kästen.

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Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein, Bischof Dr. Markus Dröge, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und Archimandrit Emmanuel Sfiatkos von der Griechisch-Orthodoxen Kirche (v.l.n.r.)

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Berliner Themenjahres 2013 Zerstörte Vielfalt statt.

Weitere Informationen unter:
www.gedenkweg2013.de

 



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